„Ich bin der Punkrocker unter den Heimorgelspielern.“

King of Heimorgel, Orgelgott, Alleinunterhalter – Mambo Kurt trägt viele Namen.

Doch der liebste ist ihm „Entertainer“. Der 44-jährige Bochumer ist bekannt für seine Orgelinterpretationen von Schlager bis Thrash Metal, von Scooter bis Sex Pistols. Momentan sorgt er für die musikalische Untermalung in der Fernsehsendung swr3 latenight und spielt seit 2004 beim Heavy-Metal-Festival Wacken Open Air. Bevor Rainer Limpinsel sich in Mambo Kurt verwandelte, studierte er an der Ruhr-Universität Bochum Medizin und arbeitete anschließend anderthalb Jahre lang als Chirurg. Sein Debüt als Mambo Kurt feierte er 1999 mit dem Album „Return Of Alleinunterhalter“. Ich habe ihm einige Fragen gestellt.

Vom Chirurgen zum Künstler – wie hast du das gemacht?

Mambo Kurt: Das war einfach: Ich war immer schon Hobbymusiker, jetzt bin ich eben Berufsmusiker. Das Leben ist kurz. Und ich bin kein Planungsfanatiker. Als ich 1999 eine Anfrage von RTL erhielt, für die Fernsehsendung „Veronas Welt“ für die musikalische Untermalung zu sorgen, habe ich das einfach gemacht. Ein Jahr lang.
Das gibt es außerdem nicht selten, dass Mediziner als Künstler arbeiten. Ich bin einer von vielen. Als Arzt würde ich jedenfalls immer unter kommen. Die werden ja bundesweit gesucht.

Was zeichnet Mambo Kurt aus?

Weshalb ich auch auf Metalfestivals so gut funktioniere, liegt daran, dass ich fernab aller Strömungen arbeite. Und so funktioniert auch etwa ein Scooter-Song beim Wacken Open Air. Die Leute formen eine Polonäse und dancen ab.
Außerdem schwimmen wir gerade auf einer Retro-Welle und gerade die jungen Leute finden das eigentlich gar nicht lustig was ich mache, sondern nehmen das ernst. So kommen dann 18-Jährige zu mir und wollen Orgelunterricht nehmen. Da bin ich stolz drauf.

Wie ist dein Name Mambo Kurt entstanden?

Reiner Zufall: Auf der Bühne habe ich aus meinem Album „The Return of Alleinunterhalter“ das Lied „Come as you are“ von Nirvana gespielt. In der Musikart Mambo. Und der Vorname des Sängers von Nirvana ist eben Kurt. So ist Mambo Kurt entstanden. Der Name ist so bekloppt, dass ich zuerst mit dem Namen gehadert habe. Heute muss ich sagen: Es ist ein einzigartiger Name, ein griffiger, einer, den sich jeder merken kann und der auch international problemlos funktioniert. Mittlerweile trage ich ihn gern. Er ist mein Alleinstellungsmerkmal.

Welcher Berufstitel passt am besten zu dir?

Entertainer. Das ist mir am liebsten. Danach kommt der Titel „Lustiger Musikant“.

Welche Musik hörst du selbst?

Ich höre gar nichts. Seit 1986 höre ich keine Musik mehr. Denn seitdem habe ich keine Stereoanlage mehr. Ich fahre auch ohne Radio Auto.
Lieder für meine Shows höre ich dann auf den Parties, auf denen ich auftrete. Dadurch bekomme ich viele Anregungen. Es gibt Zeiten, die zeichnen sich auf Parties durch immerwährenden gleichen Songs und Bands aus. Früher war das zum Beispiel immer wieder Héroes del Silencio und aus der jüngsten Zeit immer wieder Songs von Kings of Leon.

Welche war deine erste Platte?

Meine erste Platte war Maid of Orleans von Orchestral Manoeuvres in the Dark. Das war 1982.

Wer sind deine Lieblingsmusiker*innen?

Ich mag Rammstein, Sepultura oder auch Depeche Mode. Ich mag eigentlich alles – von Elektro über Metal bis Klassik. Ich bin crossover. Ich habe da kein Schubladendenken. Zum Beispiel mag ich auch die Kastelruther Spatzen. Das ist ein richtig geiler Sound. Ich stelle mir vor, wie es wäre mit den Kastelruther Spatzen, Slayer, Scooter und Bob Marley zugleich auf der Bühne zu stehen – wenn letzterer noch leben würde.

Wie bist du zum Orgelspielen gekommen?

Mein Vater hat sich 1975 eine Orgel gekauft. Ich fand den Sound einfach geil. Ich habe dann in einer Hagener Orgelschule das Orgelspielen gelernt. Ich habe aber immer schon Vollgas gespielt. Mit so einem Punkrock-Anschlag. Ich bin der Punkrocker unter den Heimorgelspielern.

Welche Höhepunkte hast du als Mambo Kurt erlebt?

Das Budapester Sziget war ein Erlebnis: Dort habe ich von 1999 bis 2003 jedes Jahr vor 40.000 Leuten gespielt. Das war sehr schön. Einmal habe vor Iggy Pop gespielt und habe sogar beim Pinkeln neben ihm gestanden. Ein Erlebnis war auch das Rock am Ring-Festival. Aber auch die kleinen Ereignisse sind lustig: Bei einem Fußball-Fantreffen habe ich ohne Bühne gespielt, vor 150 Leuten auf einem Parkplatz. Die Leute haben Stagediving auf dem Boden gemacht. Verrückt. In Norwegen hat mir mal eine Frau ihren Ehering auf die Orgel gelegt. Den habe ich eine Zeit lang als Kettenanhänger getragen.
In Fernsehsendungen aufzutreten, ist auch schön. Oder im Theater. Ich suche mir immer neue Herausforderungen. Eigentlich ist alles toll, was ich das erste Mal tue. Jedenfalls bin ich kein Nine-to-five-Typ.

Hat der Beruf des Alleinunterhalters auch Schattenseiten?

Wenn Otto Normal in den Partymodus switcht, arbeite ich. Das ist für mich jedes Wochenende der normale Wahnsinn. Auch: Ich bin Außendienstler. Jeder Künstler ist Außendienstleister und muss regelmäßig von A nach B fahren. Bei mir geht eben immer die Orgel mit. Die muss transportiert werden. Das ist ein Nachteil. Aber ich reise gern. Schattenseiten? Nein. Mein Job hat keine Schattenseiten. Ich habe ein schönes Leben.

Welche Vorbilder hast du?

Ich mag die alten Heroes der Heimorgelwelle. Franz Lambert etwa. Ansonsten bin berühmt dafür, einen Scheißdreck auf andere Leute zu geben. Nein, ich habe keine Vorbilder.

Welche musikalischen Pläne hast du?

Ich würde gern mal einen Orgelpart bei Rammstein spielen.
Aber ganz konkret baue ich momentan eine Orgel aus Karbon. Die muss für einen Flug unter 32 Kilo schwer sein. Damit will ich nach Japan fliegen und vor meinem Fanclub in Tokio spielen. Der hat aktuell 15 Mitglieder. Leider kann ich momentan mit meiner Orgel nicht einfach in ein Flugzeug steigen. Das wäre unbezahlbar.
Ansonsten ist kein Ende in Sicht. Was die Stones können, kann ich schon lange.

Interview erschienen 2013 auf labkultur.tv

Schlagwörter

Interview · Journalismus · Story

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