Buio Omega – der geheimnisvolle Filmclub

Catriona MacColl verneigt sich, legt die flache Hand ans Herz. Mit kleiner Geste streicht sich die Schauspielerin die Tränen aus den Augen. Gerührt nimmt sie zwei Blumensträuße entgegen – begleitet von stehenden Ovationen ihrer 200 Fans. Zuvor hat die Königin des italienischen Horror-Kinos einen Trailer über ihr schauspielerisches Schaffen gesehen. Am Samstagmorgen, 11 Uhr, ist sie zu Gast in Gelsenkirchen-Buer, im Schauburg Filmpalast. Und die Gastgeber, Buio Omega – der geheimnisvolle Filmclub, feiern ihren Star angemessen.

„Das Herz“, sagt Steinbeck, Mitglied des vierköpfigen Clubkomitees des 1999 gegründeten Filmclubs, „das ist es, was zählt.“ Nach dieser Maxime lebt der Club sein Konzept. „Bei uns geht nicht ums Geld, sondern allein um die Leidenschaft.“ Steinbeck ist ein Pseudonym. Genau wie Ingojira, Heinz Klett, Harald Blixen und Sailor Ripley. „Das ist ebenso Teil unseres Konzepts“, erklärt das Clubkomitee. Und einmal im Monat nimmt dieses Konzept Form an. Dann immer präsentiert Buio Omega Filmliebhabern zwei Perlen des Exploitationfilms. Flankiert von einem Rahmenprogramm mit Gedenktrailern, Moderationen und Einführungsvorträgen des Filmgelehrten Christian Keßler. Steinbeck sagt: „Buio Omega ist ein Ort, an dem wir die normale Zeitrechnung aufheben und die Glanzzeiten des Kintopps zum Leben erwecken. Wir sind die Taucher nach den Perlen. Nach den ganz besonderen Leinwand-Raritäten.“

Exploitation ist bissig und satirisch – keine minderwertige Unterhaltung

Die Fans vertrauen darauf, dass ihnen das Komitee eine breite Palette an Filmkunst unterschiedlichster Genres präsentiert: Krimis, Komödien, Western, Horror, Science-Fiction oder Splatter. „Aber wir locken unsere Gäste nicht mit Blut und wollen auch ganz und gar nicht in dieses zweifelhafte Fahrwasser abdriften. So wie das bei diversen Film-Festivals abgefeiert wird – mit Szenenapplaus, wenn jemandem der Kopf weggebombt wird. Wir sind kein Horror-Club.“ Auch verwehrt sich der Club gegen die Bezeichnung Trash. Heinz Klett erklärt: „Wir lieben diese Filme – gerade wegen ihrer Mängel. Exploitation ist keine minderwertige Unterhaltung, sondern besticht oft genug durch Bissigkeit und Satire.“ Das wissen auch die Fans zu schätzen. 100 finden sich üblicherweise bei Buio Omega ein. Wenn Franco Nero in der Stadt ist, auch 500.

Zu Gast in Gelsenkirchen: Herbert Fux, Doris Wishman, Enzo G. Castellari, Rainer Brandt

Fünf Euro kostet der Eintritt. Davon finanziert der Club all seine Clubaktivitäten. Das Komitee selbst arbeitet ehrenamtlich. Und wenn das Sparschwein gefüllt ist, wird es geschlachtet und Stargäste eingeladen – Schauspieler und Regisseure, die sich um das Genre-Kino verdient gemacht haben. Die sind verwundert und gerührt zugleich, wenn sie erleben, wie viel sie ihren Fans noch immer bedeuten. Gewöhnlich werden die Leistungen bedeutender Kreativer des Genre-Kinos kaum gewürdigt. Nicht so in Gelsenkirchen. Dort wird ihnen feierlich der „Joe“ für herausragende Verdienste im Exploitationfilm verliehen. Herbert Fux war ebenso schon zu Gast wie Doris WishmanEnzo G. Castellari oder Rainer Brandt. Das Besondere: „Unsere Stars schauen nicht nur kurz bei uns rein, schreiben Autogramme und verschwinden anschließend. Wir bereiten ihnen eine schöne Zeit, besichtigen mit Catriona MacColl den Kölner Dom und spazieren mit Franco Nero durch den den Duisburger Landschaftspark, während der saure Gurken nascht. Dieses Programm hat der italienische Schauspieler im übrigen einer Preisverleihung der Berlinale vorgezogen“, berichtet Ingojira.

 

 

Bewegende Momente mit den Helden der Jugend

„Bei uns wird Kino erlebbar. Wir erwecken die längst vergessenen Werke unserer Helden wieder zum Leben“, meint Heinz Klett, der Catriona MacColl an diesem Samstagmorgen schmeichelt, denn sie habe sich nicht nur um den italienischen Horrorfilm verdient gemacht – mit ein Ein Zombie hing am Glockenseil oder Die Geisterstadt der Zombies – sondern sei auch noch eine äußerst liebenswerte Person. Und so zollen Ingojira, Heinz Klett, Harald Blixen und Steinbeck ihr großen Tribut. „Das ist die größte Belohnung für unseren Einsatz: diese bewegenden Momente mit den Helden unserer Jugend.“

Erschienen 2013, labkultur.tv

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