2010 strandete ein namenloses Schiff in der Herner Städtischen Galerie. Sechs Wochen lang steckte es fest, in der Wand, zwischen Außengelände und Innenraum. „Das war meine extremste Arbeit“, sagt der Kapitän des Schiffs Dirk Schlichting. Der Herner Künstler hat das 16 Meter lange und fünf Meter breite Holzschiff mit dem Titel Expedition in drei Monaten im Rahmen der ganzjährigen Herner Ausstellung „liquid area – Wasserwege“ erschaffen.
„Ich hatte zum Thema Wasser zwischen Ruhr und Emscher schnell ein Anfangsbild im Kopf – ein Schiff in der Architektur. Das sollte sich zu einer aufwändigen Arbeit entwickeln“, berichtet der gelernte Steinmetz. „Ich musste mich zum ersten Mal mit Schiffsbau auseinandersetzen. Zudem mussten die Anschlüsse von außen und innen stimmen.“ Als das Schiff in und an der Städtischen Galerie installiert war, wirkte es so gewachsen, dass sich Besucher die Frage stellten: Was war zuerst da, die Architektur oder das Schiff?
„Ich hänge zwischen den Disziplinen“
Die drei Schaffensmonate gestalteten sich für den Künstler zu einem zeitaufwändigen Grenzprojekt, sodass sich der 46-Jährige mit Auftragsarbeiten refinanzieren musste. Zwischen seinen Kunstarbeiten arbeitet er deshalb auch als Steinbildhauer und Lehrer.
„Ich hänge zwischen den Disziplinen“, sagt der geborene Düsseldorfer, der nach seinem freien Kunststudium in Münster die Ateliergemeinschaft Hansemannstraße in Dortmund-Mengede mitbegründete. „Ich verdiene mit meiner Kunst Geld. Auch wenn es kein leichtes Leben ist, zwischen zwei, drei Berufen, zwischen den Disziplinen – ich kann machen, was mich interessiert, was mir Spaß macht.“
Kunst im Schrankenwärterhäuschen 3 im Bochumer Westpark
Schon sechs Wochen nach seinem Projekt „Expedition“ installiert er sein Kunstwerk schrankenlos: 50 rot-weiß gestreifte Schlagbäume ragten aus dem Schrankenwärterhäuschen 3 im Bochumer Westpark nördlich der Jahrhunderthalle.
Wie Mikadostäbe, wild übereinander gestapelt, setzten sie 2010 eine Lichtmarke auf die ehemalige Transporttrasse des Gahlenschen Kohlenwegs. „Insgesamt 220 Meter Kunststoffstäbe musste ich für „schrankenlos“ mit roten und weißen Folien bekleben“, erklärt Dirk Schlichting. „Vier Stunden habe ich für einen Schlagbaum benötigt.“
Schockierte Besucher auf der „Inneren“
Eine weitere Station von Dirk Schlichting: eine Krankenhausstation mit Krankenzimmer, Schwesternzimmer und Foyer mit einem Aufzug. Innere lautet der Titel der Installation im Dortmunder Kunstverein 2008, in bewegte Bilder eingefangen von Kunsthistorikerin Simone Rikeit und Filmemacher Christian Kalbhenn.
„Das war eine wirklich spannende Arbeit. Manche Besucher waren schockiert, weil die Situation so realistisch auf sie wirkte. Das Thema hat vielen nicht unbedingt gefallen. Das war ihnen unangenehm. Die Situation kam ja auch sehr plötzlich: von der belebten Straße in die intime Situation eines Krankenzimmers.“
Mit der original Krankenhauszimmer-Ausstattung schuf Dirk Schlichting eine authentische Situation, so als ob der Patient gerade erst sein Bett verlassen hat. Geht der Besucher weiter, entdeckt er einen Fahrstuhl, dessen Tür sich unaufhörlich öffnet und schließt – ein Damenschuh blockiert die Tür. Eine bedrückende Endzeitstimmung.
„Man weiß sofort, dass etwas nicht in Ordnung ist.“
„Man weiß sofort, dass etwas nicht in Ordnung ist, weil die Maschine sich nicht so verhält wie gewohnt“, erklärt Dirk Schlichting. Aber er gibt keine Antwort auf die Frage, was geschehen ist. Dirk Schlichting stellt lediglich dar, zwar mit filmischen Anklängen, aber die Situation ergibt keine schlüssige Geschichte. „Aber ich will auch keine Geschichte erzählen. Ich habe auf der ‚Inneren‘ Aufsicht geschoben, so erkläre ich das wohl am besten.“
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